Amrit, Winterfeldtstraße 40, 10781 Berlin – Schöneberg

29. November 2010

Rund um den Winterfeldtplatz gibt es zahlreiche nette Restaurants und Kneipen. Für den gerne ausgehenden Bewohner des Viertels kann ein Problem entstehen, wenn durch Kiez- und Berlintouristen seine Lieblingslocations blockiert werden. Findet man ein paar mal keinen Platz, überlegt man es sich in Zukunft vielleicht zwei mal, wieder hinzugehen. Im Nu ist die Atmosphäre im netten Kiezrestaurant dahin, die Preise steigen, die Qualität aber sinkt, weil kaum mehr jemand zwei mal im Jahr vorbei kommt und es dann eh egal ist.

Ideal wären also ein paar Restaurants, die diese Touristen gewissermaßen abfangen und den angenehmen Restaurant-Rest den Ortskundigen und Neugierigen überlassen.
Das indische Restaurant Amrit gehört, günstig an der Maaßenstraße gelegen, genau in diese Kategorie. Ich war selber ein paar mal drin. Mittags zum Businesslunch eingeladen, abends, wie kann es anders sein, wurde ich von Berlintouristen hingeschleppt.
Das Amrit ist laut und nicht günstig, die Portionen groß. Es schmeckt nicht abstoßend, nicht besonders und ungefähr so indisch wie Asia-Gerichte aus dem Maggi-Kochstudio.
Seine Rolle als zentrales gastronomisches Ablenkungsmanöver aber spielt das Restaurant perfekt. Ich kann überhaupt nichts dagegen haben. Freiwillig hingehen muss ich allerdings nicht.

soups and more, Goltzstr 15, 10781 Berlin – Schöneberg

11. Februar 2010

An asiatischen Imbissen herrscht in der Goltzstraße nun wirklich kein Mangel. dennoch behauptet sich das Soups and More seit gut zwei Jahren an eben dieser Stelle.
Die Küche wurde mittlerweile vom Gastraum in den hinteren Teil des Gebäudes verlegt. Seitdem kann man hier wesentlich freier atmen und auch die Garderobe muss man anschließend nicht mehr lüften.

Den Gerichten hat der Küchenumzug nicht geschadet. Nach wenigen Minuten kommt etwas viet-thai-mäßiges auf den leicht klebrigen Tisch, das frisch, lecker und wirklich preiswert ist. Raffiniert ist zwar anders, aber das würde auch gar nicht passen.
Wer sich an dem Imbisscharakter nicht stört, kann im soups-and-more gut essen, zuweilen schmeckt es wie im Herkunftsland.

Café Savo, Goltzstr. 3, 10781 Berlin – Schöneberg

11. Februar 2010

Den Coolnesswettbewerb im Akazienkiez gewinnt das Savo spielend. Von außen wirkt es alles andere als einladend, drinnen sitzen ernste, über Texte gebeugte Menschen, die die 30 samt und sonders überschritten haben.
Der große Raum mit den 60er Jahre-Tischen erinnert mich ein wenig an eine Schwimmhalle aus dem 19. Jahrhundert oder doch eher an einen Wartesaal in einem Coen-Film. Doch kein abgedrehter Psychopath kommt um die Ecke (hinter der sich die Theke versteckt) sondern die stets reizende und freundliche Bedienung.

Der Kaffee ist unterschiedlich, die sättigenden Kleinigkeiten (Baguettes, Chili etc.) in Ordnung. Das ist nicht unbedingt ein Platz zum verweilen oder versacken, es sei denn man plant, Zeit oder FAZ komplett zu lesen. Hier kann man aber ausgezeichnet die letzte Fassung eines wichtigen Manuskripts überarbeiten oder auch ein schnelles Bier trinken, bevor der Abend beginnt.

(Februar 2009)

DoubleEye, Akazienstraße 22, 10823 Berlin – Schöneberg

11. Februar 2010

Auch hier eine Eloge auf das Doppelauge. Ist aber auch verdient, denn gäbe es diesen Laden nicht, man müßte ihn erfinden. Das Double Eye ist winzig – nicht einmal 10 Leute finden an den Stehtischen Platz – und daher fast immer brechend voll. Die Schlange reicht bis auf die Straße, trotzdem kommt man schnell an die Reihe, denn hinter der Theke wird im Akkord gearbeitet. Man könnte locker ein fünf mal so großes Etablissement bespielen, aber dann wäre der Charme wohl dahin.

So bleibt es bei sympathischer Enge und vorzüglichem Kaffee zu konkurrenzlos günstigen Preisen. Hier wird nicht nur Latte-Art produziert, auch der Kaffee darunter schmeckt. Rabattkarten und Aromasirup hat man glücklicherweise nicht nötig.

Nicht zu vergessen die Kaffeesorten im Verkauf. Eine breite, gut sortierte Auswahl an Bohnen aus aller Welt lohnt die Anreise auch aus weiter entfernten Bezirken. (Kauft man ein Kilo, gibt es übrigens einen Espresso aufs Haus.)
Ein Wermutstropfen sind die spießigen Öffnungszeiten, die meistens recht preußisch eingehalten werden. Sei’s drum: so etwas muss man sich erst mal leisten können.

(Februar 2009)

COGAI, Restaurant, Café, Lounge, Bar,Bülowstr. 9, 10783 Berlin – Schöneberg

11. Februar 2010

Die Bülowstraße ist nicht gerade beste Gegend. Und auf der kulinarischen Karte Berlins ist das Gebiet zwischen Nollendorfplatz und Gleisdreieck bis auf wenige Ausnahmen ein weißer Fleck. Mutig also der Versuch, hier mehr als eine Pommesbude zu etablieren.
Innen wirkt das Cogai ein wenig wie ein weiterer Vuong-Klon. Alles sehr rechteckig, dafür aber rosa-pastellig. Feng Shui läßt grüßen.

Und das Essen? Die normalen Hauptgerichte sind in Ordnung, aber nicht spektakulär. Überaus empfehlenswert sind Spezialitäten wie die Sommerrollen mit Schweinefleisch oder die Reisnudelsalate (hier besonders die Nr. 42). Die Portionen sind dabei nicht besonders groß, was die günstigen Preise etwas relativiert. Das ist kein Ort um sich schnell den Bauch vollzuschlagen, die Qualität rechtfertigt eher langsames Genießen.
Ein Highlight: Zum ersten mal in Berlin habe ich hier den original vietnamesischen Kaffee mit Süßmilch bekommen (wie in Asien mit Minifilter serviert).

Das Cogai ist ungerechtfertigterweise meistens recht leer. Ich habe hier auch schon ganz alleine gegessen und käme öfter nur für einen Kaffee her, würde die Zeitungsauswahl nicht nur aus dem Handelsblatt der letzen Woche bestehen.

(Januar 2009)

Quan-Café Indochina, Goltzstr. 34, 10781 Berlin – Schöneberg

11. Februar 2010

Oh je – was hat sich bloss der Innenarchitekt beim Ausbau dieses Lokals gedacht: Den größten Teil des Raumes nimmt die riesige Theke ein, die aber keine Sitzplätze bietet. An zwei Seiten haben ein paar Tische überlebt, an denen man nun auf Hockern Platz nimmt. Gemütlich ist anders.

Die vietnamesische Küche lebt unter anderem von der verschwenderischen Verwendung von frischer Minze und Erdnusssauce (allerdings niemals gleichzeitig). Beides schätze ich außerordentlich und wurde hier noch nie enttäuscht. Um sich gegen die mehr oder weniger schrammelige Konkurrenz in der Nachbarschaft zu behaupten, sind die Preise zudem niedriger, als sie sein könnten. Dafür bekommt man von der freundlichen Bedienung (die einen nicht immer auf Anhieb versteht) recht zügig frisch bereitetes Essen mit ebenso frischen Zutaten.

Insgesamt irgendwo zwischen Imbiss und Restaurant, nicht sophisticated, sondern einfach nur lecker. Und durchaus zu empfehlen.

(Januar 2009)

Gaststätte Gottlob, Akazienstr. 17, 10823 Berlin – Schöneberg

11. Februar 2010

In gewisser Weise ist das Gottlob erlösend, denn hier wird, gastronomisch gesehen, ziemlich viel richtig gemacht. Die Karte ist nicht groß, aber trotzdem abwechslungsreich, es gibt eine (etwas aufwändigere) Tageskarte und einen günstigen Mittagstisch. Die Preise reichen von angemessen (Hauptgerichte Tageskarte) bis ziemlich günstig (z.B. der Antipasti-Teller). Mir schmeckt es fast immer, es wird richtig gekocht hier, durchaus mit Phantasie, aber ohne abzuheben. Auch findet jeder etwas, das ihm schmeckt und ich finde meistens meinen Favoriten (Salat mit warmem Ziegenkäse).
Die Atmosphäre ist dabei durchaus “busy” – nichts für empfindliche Ohren. Im hinteren Teil sitzt man aber etwas ruhiger, sommers auch gerne draußen zwischen meterhohen Hecken. Die Bedienung ist manchmal etwas bräsig, aber immer freundlich.

Das Gottlob neigt dazu, voll zu sein. Wer zu den üblichen Zeiten mit mehr als zwei Personen anrückt, bleibt unter Umständen tischlos. Am Nachmittag wird das Restaurant dank der guten und aktuellen Zeitungsauswahl zum Kaffeehaus.
Wo viel Licht ist..: Etwas nervt mich schon, dass ich das Glas Wasser zum Kaffee jedes mal extra bestellen muss und mit Bitburger vom Fass kann man mich jagen. 
Aber definitiv einer meiner Lieblingsplätze.

(Januar 09)

Gebrauchsanweisung für Billig-Steakhäuser

4. April 2009

Man findet sie in Berlin allenthalben: Steakhäuser der Billigstkategorie mit permanenten Fünfzigprozentpreisen. Meist kostet das Fleisch hier gebraten auf dem Teller weniger als frisch beim Metzger, was schon verdächtig ist.

1) Interieur

Die Einrichtung solcher Gaststätten erinnert meistens an Kantinen, ab und zu auch an die großen Kettenrestaurants, häufig sind die Tische mit Plastik überzogen, immer kleben sie etwas und gelegentlich lässt sich von der Tischplatte trotz Behandlung durch das Personal das Menü des Vorbesitzers rekonstruieren.

Das hier ist kein Ort für First Dates, romantische Dinner oder zum Ausführen der Erbtante. Jegliche Festivitäten sind fehl am Platz, zumindest wenn man das 20. Lebensjahr überschritten hat. Man kann hier allerdings gut auch überraschend mit Gruppen aufschlagen, hält sich die Belegzeit der Tische doch in Grenzen. Zu diesen Gruppen sollten allerdings keine Vegetarier gehören. Und nach dem Essen gilt es, die Lokalität so schnell wie möglich zu verlassen.

2) Getränke

Die Wahl gestaltet sich ganz einfach. Getrunken werden nur Flüssigkeiten, bei deren Auswahl der Gastronom keine Fehler machen kann, also Bier, Cola oder Wasser. Wein, Kaffee oder Cocktails sollte man gar nicht erst versuchen, es sei denn, man bekommt die glaubwürdige Empfehlung eines Stammgastes. Aber wer ist hier schon Stammgast?

3) Beilagen

Ein Steakhaus ist auf Fleisch spezialisiert, ein Billig-Steakhaus auch noch auf günstige Preise. Gespart wird hier erfahrungsgemäß vor allem an den gar nicht so günstigen Beilagen. Daher gilt: Zu empfehlen zum Steak ist, wenn überhaupt, nur zubereitetes Gemüse, denn der „Salat“ besteht meist ausschließlich aus geschnetzelten Eisbergblättern.

Gedünstete Bohnen oder Zwiebeln, Spinat, eine gegrillte Tomate: hier ist man auf der relativ sicheren Seite. Die Ofenkartoffel gehört auch dazu, doch sollte man sie sofort nach dem Servieren kurz untersuchen: Ist die Haut dick und ledrig und lässt sie sich mit der flachen Messerseite weich federnd eindrücken, kann die Bedienung das Museumsstück gleich wieder mitnehmen. Zu der Kartoffel passt Saure Sahne/Creme Fraiche (Sour Cream), aber bitte ohne alles, denn von allem, was gewürzt ist (Dressing, Spezialsauce; Kräuterbutter) sollte man tunlichst die Finger lassen. In einem Steakhaus reichen Salz, schwarzer Pfeffer (natürlich nur in der Mühle auf dem Tisch) und bestenfalls Tabasco und etwas Heinz 57.

Sättigungsbeilagen sind ob der Fleischmenge hoffentlich überflüssig. Frittiertes wie Pommes Frites oder Kroketten würde ich ohnehin niemals bestellen. Das Brot ist (wie) resteverwerteter Pizzateig.

3) Das Fleisch

Nach diesen ganzen Ausführungen darf man berechtigt fragen, warum man ein solches Etablissement überhaupt aufsuchen sollte. Die Antwort: Weil das Fleisch teilweise durchaus exzellent ist, ein Abendessen aber nicht gleich ein Wochenbudget verschlingt.

Empfehlenswert sind Filet oder Rumpsteak und natürlich das jeweils größte Stück. Auch hier wird man nach der Zubereitungsart gefragt muss aber, wenn etwas anderes als Medium gewünscht ist, mit Überraschungen leben. Ein Tipp: Lieber etwas zu roh bestellen und gegebenenfalls noch mal auf den Grill legen lassen. In einigen Häusern werden die großen Portionen auf heißen Pfannen serviert, das Fleisch bleibt dann länger warm, gart aber auch etwas nach.

Café BilderBuch, Schöneberg Akazienstr. 28, 10823 Berlin

26. März 2009

Man sollte sich von der schmalen Fassade und dem leicht spießigen Ambiente nicht täuschen lassen. Vor allem der riesige hintere Raum ist genial. Jede Menge mehr oder weniger abgeranzte Polstermöbel laden zum Abhängen ein. Man kann hier problemlos halbe oder auch ganze Tage vertändeln. Zuweilen wird man von der Bedienung zwischen den Fauteuils erst nach einer Stunde entdeckt, die Bestellung kommt immerhin in 30 Minuten. Wer hier viel Zeit verbringen will, kann auf diese Weise den Geldbeutel schonen, wer Durst hat, sollte sich lieber bemerkbar machen.

Einfache, preiswerte aber leckere Gerichte machen das Bilderbuch wirklich zu einer ganztägigen Option. Ein periodisch zusammenbrechendes kostenloses WLAN bietet Kontakt zur Außenwelt, den einzigen, denn das Mobiltelefon will kein Netz finden, sitzt man weiter als einen Meter vom Fenster weg.

Das Bilderbuch ist zurecht eine Institution im Akazienkiez, besitzt allerdings einen gewaltigen Schönheitsfehler: Der Kaffee, den das „Melitta“-beschriftete Monstrum hinter der Theke fabriziert, schmeckt überhaupt nicht. Beim ersten Probieren hielt ich ihn allen ernstes für Muckefuck, mußte mich aber leider belehren lassen, dass das hier Standard ist. Mag sein, dass eine geheimnisvolle Absicht dahinter steckt, denn hätten sie auch noch guten Caffè, würde ich dort wesentlich häufiger die Polster abwetzen. So bescheide ich mich mit gelegentlichen Besuchen sowie Kakao, Tee, Orangensaft oder Bier.

Kaiser-Wilhelm-Passage, Kaiser-Wilhelm-Platz 1, 10827 Berlin Schöneberg

13. März 2009

Wann immer sich das Bedürfnis nach einer handfesten Depression einstellt, ist die Kaiser-Wilhelm-Passage eine der ersten Adressen. Das fängt schon beim Namen an. Diese „Passage“ könnte man rückseitig getrost zumauern, führt sie doch in eine der trostlosesten Ecken Schönebergs. Als Vorgeschmack finden wir im innern der Mini-Mall Billig-Bücher und -Klamotten und sowie allerlei Tand minimaler Halbwertszeit. Einzig der Edeka/Reichelt im Obergeschoß verleitet mich zum gelegentlichen Besuch, ist er doch einer der besser sortierten Supermärkte im Kiez. Richtig gut ist er allerdings auch wieder nicht, dafür gibt es zu viele richtig gute Feinkostenläden und zu wenig Kaufkraft in der Gegend. Ein einsames Reformhaus trotzt noch den Billigheimern.

Ein seitlicher Durchgang führt zum Ex-Karstadt jetzt demnächst-vermutlich-endgültig-pleite Hertie. Das Kaufhaus ergänzt den Gesamteindruck aufs beste. Vermutlich durch den Druck der umliegenden 1-Euro-Shops hatte man vor einigen Jahren noch zu Karstadt-Zeiten auf Basar-Prinzip umgestellt: Sämtliche verfügbaren Waren sind seitdem in der Ausstellung aufgebaut, Stapel billiger Schuhe und Gepäckstücke fallen ins Auge. Bedingt durch die Insolvenz werden auch nicht mehr alle Warengruppen nachgeliefert, und so finden sich verrottende Sonderangebote aus längst vergangenen Zeiten neben aktuellen gestreiften Strickwesten der Saison.

Passage und Kaufhaus zeigen, dass es offensichtlich schwierig ist, zwischen Steglitzer Schloßstraße und Wittenbergplatz mehr als das nötigste anzubieten. Und doch dürfte vor allem das Kaufhaus ein Kondensationskern für den Handel im Akazienkiez sein. Fällt es weg, könnte das eine Kettenreaktion in Gang setzen, der am Ende auch die kleinen Läden zum Opfer fallen, die die Gegend zurzeit so lebenswert machen.